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Stephanie Schettler-Köhler

Männer fragen viel häufiger nach Gehaltserhöhungen, während sich Frauen ständig fragen, ob sie das wirklich wert sind.

Stephanie Schettler-Köhler, Foto: Pantaflix / Martin Kroll

Als mir Stephanie Schettler-Köhler für die Interviewreihe vorgeschlagen wurde – übrigens von einem Mann – war ich gleich überzeugt. Sie ist mit 34 in den Vorstand der PANTAFLIX AG berufen worden. Ach ja, junge Mutter ist sie auch.


PANTAFLIX ist ein börsennotiertes Produktionsunternehmen für Entertainment- und talentbasierte Geschäftsmodelle. Der Umsatz für das vergangene Geschäftsjahr liegt bei rund 30 Millionen Euro. Ein fettes Ding also. In München begegnet mir dann eine Frau, die nicht den Eindruck vermittelt, dass sie sich etwas einbildet auf ihren Job. Sie ist einfach eine herzliche, nahbare Person, die sich einen Cappuccino bestellt und im Gespräch immer wieder sagt: Pantaflix ist da vielleicht auch eine Ausnahme. Das ist eine Familie, nur eben als Firma.


Janine Steeger:

Stephanie, Du hast gerade gesagt, dass Du immer Förderer im Unternehmen hattest. Waren es tatsächlich nur Männer?


Stephanie Schettler-Köhler:

Ja, das war so. Inzwischen sind wir ein paritätischer Vorstand. Aber was das Management anbelangt, sind wir noch sehr männlich. Daran müssen wir arbeiten.


Janine Steeger:

Wie sieht es denn in der gesamten Branche aus mit der Geschlechtergerechtigkeit in der Managementebene?


Stephanie Schettler-Köhler:

Auch noch sehr männlich, also noch wirklich sehr männlich. Auf vielen anderen Ebenen gibt es inzwischen zahlreiche Initiativen für Geschlechtergerechtigkeit, etwa in der Produktion oder bei den Regisseur*innen. Aber im klassischen Management gibt es das noch nicht. Das muss sich ändern.


Janine Steeger:

Wie hast Du es dann geschafft Vorständin zu werden? Was ist Dein Geheimnis?


Stephanie Schettler-Köhler:

Das liegt definitiv an dem Unternehmen. Hier ging es schon immer darum, dass es wichtig ist, was man tut und wie man es tut, völlig gleichgültig, ob Du Mann oder Frau bist.


Janine Steeger:

Aber grundsätzlich ist sie eben noch sehr männlich dominiert die Film- und Fernsehbranche. Ich finde das gerade bei Sendern mit einem überwiegend weiblichen Publikum total absurd, dass ganz oben nur Männer sitzen. Wie kann das sein?


Stephanie Schettler-Köhler:

Ich glaube, dass Männer sich am Ende besser verkaufen, obwohl sie vielleicht gar nicht die nötige Qualifikation haben für den Job. Ich merke das verstärkt in den vergangenen Jahren, in denen ich ja auch viele Bewerbungsgespräche und Gespräche mit Mitarbeitenden führe. Die Unterschiede im Verhalten zwischen Mann und Frau sind riesig. Allein die Tatsache, dass Männer viel regelmäßiger und deutlicher nach Gehaltserhöhungen fragen, zeigt das exemplarisch.


Frauen fragen sich ständig: Bin ich das wert, ist meine Arbeit mehr Geld wert? Und die schaufeln sich auch ständig noch mehr Wissen und Qualifikation drauf, während Männer sehr schnell sagen: Ich weiß jetzt alles, was ich wissen muss. Und wenn ich mal schwimme, mache ich das kommunikativ wieder wett.


Janine Steeger:

Würdest Du sagen, dass das Thema Nachhaltigkeit bei Euch im Unternehmen von Frauen getrieben wird?


Stephanie Schettler-Köhler:

Wenn ich einmal die letzten Jahre Revue passieren lasse, kann ich mit Gewissheit sagen, dass das Kümmernde von Frauen das Nachhaltigkeitsengagement in unserem Unternehmen entscheidend vorangebracht hat. Es war eine Frau, die gesagt hat: Ich kümmere mich jetzt um Nachhaltigkeit in der Produktion. Auch ich habe als Frau deutlich gemacht: Wenn ich in den Vorstand gehe, ist mir Nachhaltigkeit ein wichtiges Anliegen.


Inzwischen habe ich ein Nachhaltigkeitsteam daraus gemacht. Das ist komplett 50/50 aufgestellt: Drei Frauen, drei Männer. Und die Stellen waren frei ausgeschrieben. Das hat sich so paritätisch gefügt.


Janine Steeger:

Bist Du eine Kümmerin?


Stephanie Schettler-Köhler:

Ja, auch aus dem Gefühl heraus: Wenn ich etwas anfange, oder anstoße, habe ich den Drang, das ordentlich abzuschließen oder fortzusetzen. Kümmern ist ein weibliches Attribut. Definitiv. Gerade im Kreativbusiness, in dem wir als Produktionsunternehmen für die Unterhaltungsbranche und Werbeindustrie aktiv sind, ist das ganz wichtig. Da fliegen im kreativen Chaos auch schon mal Dinge und Ideen davon. Und jemand muss die Fäden zusammenhalten, sich kümmern. Kürzlich war unser Team an der Isar zum Müllaufsammeln. Übrigens initiiert von einer Kollegin. So was ist wichtig und gut. Gemeinsam Verantwortung übernehmen.


Janine Steeger:

Was sind denn eigentlich die größten Hebel in der Filmbranche, um sich nachhaltiger aufzustellen?


Stephanie Schettler-Köhler:

Zum Beispiel bei den Produktionen keine Einmal-Trinkbecher zu verwenden. Am Anfang einer Produktion gibt es einen Becher für jeden mit Namen und der wird durchgängig verwendet. Statt einen Veggie-Day in der Woche, gibt es inzwischen vier. Wir drucken die Ablaufpläne nicht mehr aus. Und Corona hat uns noch mal geholfen, auch beim Thema Reisen genauer hinzuschauen. Wir sind früher jede Woche in Berlin gewesen und längst nicht immer nur mit dem Zug. Das machen wir nicht mehr, sondern schauen sehr genau hin: Wann sollten wir uns wirklich persönlich treffen und wann reicht es digital?


Janine Steeger:

Wie übergriffig ist die Filmbranche? Stichwort # metoo


Stephanie Schettler-Köhler:

Das ist ein Problem. Und zwar nicht nur in den USA, sondern auch hier in Deutschland. Wir haben immer stark darauf geachtet, dass das bei unseren Produktionen nicht passiert, sicher sein können wir natürlich nie. Wir machen vor jeder Produktion inzwischen Schulungen zum Thema: Wie gehe ich damit um, wenn es passiert? An wen wende ich mich? Wir sagen auch von unserer Seite aus sehr deutlich, dass das hier keinen Platz hat und ein absolutes NO GO ist.


Janine Steeger:

Frauen sind leidensfähig und zäh …


Stephanie Schettler-Köhler:

Also definitiv leidensfähig. Man denke nur an das Thema Geburt.

Aber auch nach Schicksalsschlägen oder Niederlagen entscheiden wir ziemlich schnell: Wir werden jetzt nicht weiter heulend auf der Couch sitzen. Wir starten wieder durch. Arbeit lenkt auch ab.


Janine Steeger:

Eine Wirtschaftsweise hat mal gesagt: Der Abgasskandal wäre so nicht möglich gewesen, wenn Frauen in den Führungsteams gewesen wären. Unterschreibst Du das?


Stephanie Schettler-Köhler:

Zu 100 Prozent. Und ich glaube, dass es dabei weniger ums Lügen geht, als vielmehr darum „Was erzähle ich einfach nicht ...?“ Das ist ja nicht gelogen, sondern nur verschwiegen. Ich verstehe das nicht. Ich würde immer den Weg wählen, alles auf den Tisch zu bringen und der Wirklichkeit ins Auge zu blicken.


Janine Steeger:

Frauen schaffen Ordnung und räumen auf.


Stephanie Schettler-Köhler:

So was von total. Damit kann ich mich vollkommen identifizieren.

»Ich habe eine starke physische Ordnung, die aber wichtig für meine Arbeit und mein Handeln ist. Mein Schreibtisch ist immer blitzblank. Und diese Ordnung brauche ich auch in der täglichen Zusammenarbeit mit meinem Team. Offene Fragen muss ich klären, diskutieren und abschließen. Da platzt auch manchmal ein kleines Bömbchen. Das ist für mich total befreiend und für das Unternehmen ist es auch enorm wichtig, damit wir auf Kurs bleiben. Wir pflegen in unserer Unternehmensgruppe einen sehr offenen Umgang miteinander. Die besten Ideen entstehen in diversen Teams, unterschiedliche Sichtweisen sind dabei extrem bereichernd und ausdrücklich erwünscht. Es wäre furchtbar für mich, nur von Jasager*innen umgeben zu sein. Als Vorständin sehe ich meine Rolle dann darin, die Dinge zu ordnen und alle im Team für eine Sache zu begeistern. Ohne gemeinsames Ziel kein Erfolg.


Janine Steeger:

Warum hast Du zugesagt zu diesem Interview?


Stephanie Schettler-Köhler:

Weil ihr zwei Themen vereint, die mir wahnsinnig wichtig sind. Und es ist natürlich toll, dass ich jetzt im Unternehmen in einer Position bin, wo ich beides noch besser vorantreiben kann. Nicht zu vergessen: In diversen Teams kommt man definitiv weiter.


 

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